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- Kosten sparen -

Es ist an der Zeit, Ihnen einen Tipp zu geben, der Sie unter Umständen finanziell etwas, auf Dauer sogar sehr entlasten kann.


Ich hatte - wie ich bereits schilderte - für meine Frau die Pflegestufe II erkämpft. Es ärgerte mich aber, dass bei den Gutachten in keiner Weise die erhebliche nächtliche Hilfebedürftigkeit der Kranken Berücksichtigung gefunden hatte. Da aber die nächtliche Inanspruchnahme bei der Pflegestufe III ein wesentlicher Punkt der Beurteilung ist (Hilfeleistungen, die in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr “notwendig” anfallen, sind als “nächtliche Hilfen” zu werten), hatte ich erneut einen Widerspruch gegen den Entscheid der Pflegestufe II ausführlich formuliert und stand unmittelbar davor, ihn einzureichen.

Da erfuhr ich zufällig und gerade noch im letzten Augenblick, als meine Frau ins Pflegeheim kam, dass in dieser Situation die Pflegestufe II für mich günstiger ist als die Pflegestufe III. Warum ?

Die Heimkosten sind gestaffelt nach den Pflegestufen. So sind die Kosten für Pflegestufe III höher als die für die der Stufe II. Die Pflegekasse zahlt für III zwar auch eine höhere Pauschale, der privat zu zahlende Rest bis zur Höhe des Heimpreises ist aber auch höher, und zwar erheblich.

Deshalb unterließ ich meinen Widerspruch, denn selbst wenn die nächtliche Inanspruchnahme auch im Heim auftreten würde, hätte es dort ja einen Nachtdienst gegeben, der für solche Fälle im Einsatz wäre, während meine Einsatznotwendigkeit zu Hause 24 Stunden betrug.

Überhaupt - und auch das wäre ein Tipp: Wenn Sie einen Schwerstpflegebedürftigen, für den bereits die Pflegestufe III anerkannt ist, in ein Pflegeheim bringen, sollten Sie sich um eine Rückgruppierung bemühen.

Das wird dem Pflegeheim zwar nicht recht sein, aber es erspart Ihnen Geld. Und die Aussichten auf Rückstufung nach II sind nicht schlecht, da auch die Pflegekasse Geld spart.

Was könnte die Rückstufung begründen ? Für die gutachterliche Beurteilung schreibt das Sozialgesetzbuch XI (§ 15 Abs. 3,3) vor, dass der Zeitaufwand beachtet werden muß, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Die Beurteilung bezieht sich also auf die Hilfe von Laien, was natürlich in einem Pflegeheim nicht mehr zutrifft. Auch die zeitintensive private hauswirtschaftliche Versorgung entfällt.

Noch etwas gibt es, auf dass ich Sie aufmerksam machen möchte. Nach dem Ableben meiner Frau kassierte das Heim von mir das Heimentgelt (abzüglich 4 € pro Tag für Verpflegung) noch für zwei Wochen nach dem Todestag. Von dieser Zeit fielen 7 Tage in einen neuen Monat. Für diese Tage hätte also die Pflegeversicherung 75 % der Kosten tragen müssen, da der Pauschalbetrag bis dahin noch nicht erreicht war. Doch die Pflegekasse stellte ihre Zahlungen mit dem Todestag ein. Begründung: Die Zahlungspflicht ende laut Gesetz mit dem Tag, an dem der Heimbewohner aus dem Heim entlassen wird oder verstirbt. Dieser Gesetzestext bezieht sich aber nicht nur auf den “Kostenträger”, also die Pflegekasse, sondern auch auf den “Heimbewohner”. (SGB XI § 87a Abs. 1, Punkt 2.)

Mit Hinweis auf dieses Gesetz erhob ich Anspruch auf Rückzahlung der bereits vereinnahmten Heimkosten für 14 Tage. Die Antwort in der Sache gebe ich hier als Auszug aus dem Brief wieder:

Sie beziehen sich in Ihrem Schreiben auf § 87a Abs.1 SGB XI und haben natürlich Recht. Leider hat aber der Gesetzgeber für ein und denselben Tatbestand zwei  unterschiedliche Gesetze gemacht. Im Heimgesetz § 8 Abs. 8 Satz 2 u. 3 steht, “... eine Fortgeltung des Vertrags hinsichtlich der Entgeltbestandteile für Wohnraum und Investitionskosten sind zulässig, soweit ein Zeitraum von zwei Wochen nach dem Sterbetag nicht überschritten wird”.  Da das Heimgesetz auch die Voraussetzungen für den Heimvertrag und seine Gestaltung regelt, ist das für uns maßgebend. Auf dieser Grundlage ist der § 15 unseres Heimvertrages entstanden und von der Heimaufsicht bestätigt worden.

Ich hoffe, dass wir Ihnen damit erst einmal unsere Einschätzung der rechtlichen Situation und damit die Voraussetzungen für die Abrechnung erklären konnten.

Meine Einschätzung der rechtlichen Situation war anders. Deswegen wandte ich mich an das für das Heimgesetz zuständige Sozialministerium mit der Frage, welche Rechtsnorm denn nun gültig sei, wenn sich hier Sozialgesetzbuch XI und Heimgesetz widersprechen. Ich erhielt keine Antwort. Ein Vierteljahr später bat ich erneut um Beantwortung meiner Anfrage. Wieder keine Antwort. Erst als ich nach 11 Monaten die Presse einschaltete, reagierte das Sozialministerium, allerdings mußte ich meine Anfrage noch einmal formulieren - meine Briefe, so hieß es, seien nicht eingetroffen !

Quintessenz der Antwort (nach einigen juristischen Ausschweifungen):
Die ... Heimaufsicht vertritt die Auffassung, gestützt auf die Entscheidung des VG Magdeburg (Urteil vom 22.02.2006, Az: 6 A 1325/04) sowie Ansichten der Literatur, dass die Regelung des SGB XI in diesen Fällen die spezielle Regelung gegenüber der heimgesetzlichen Regelung darstellt und somit der heimgesetzlichen Regelung vorgeht (lex specialis derogat legi generali). ... Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Zahlungspflicht mit dem Tode der Bewohnerin bzw. des Bewohners endet.

Ich erhielt die Rückzahlung, nach mehr als einem Jahr.

Das war wieder mal ein Fall unter der Prämisse: Sie müssen kämpfen.

Anmerkung dazu: Inzwischen hat die Heimorganisation reagiert. Jetzt heißt es (wie im Sozialgesetzbuch XI), die Zahlungspflicht ende mit dem Todestag des Bewohners, aber sein Heimplatz müsse innerhalb von 24 Stunden geräumt sein. Sonst müsse bis zu 14 Tagen weiter gezahlt werden. Mitten im größten Schmerz und allen Problemen, die auf die Hinterbliebenen unmittelbar einstürzen, müssen sich diese also auch noch darum kümmern, alles, was dem Pflegebedürftigen gehörte - und das können auch Möbel sein -, aus dem Heim zu entfernen, oder es muß gezahlt werden - ohne Leistungen der Pflegekasse !

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Ich will noch weiter auf etwas hinweisen, was für Sie wichtig sein kann.

Es geht um das Erbe eines verstorbenen Pflegebedürftigen. Als Betreuer meiner Frau bin ich damit konfrontiert worden. Sie besaß ein kleines Sparkonto mit einem geringen Betrag. Dieses hatte ich beim Vormundschaftsgericht anzugeben. Ich mußte aber feststellen, dass ich nicht, wie ich annahm, Alleinerbe war. Nein, dafür gibt es Bestimmungen. Die aber treten nur in Kraft, falls kein gültiges Testament vorhanden ist !

Der Fall bereitete mir keine Probleme, aber ich fragte mich, wie das im umgekehrten Fall verlaufen wäre. Ich war in der Zeit unserer Ehe im allgemeinen der Alleinverdiener. Unser gemeinsam Angespartes lief auf dem Konto unter meinem Namen. Angenommen, meine Frau wäre die Überlebende gewesen - und das kann in Ihrem Fall durchaus so geschehen -, dann hätte ich gewünscht, dass meine Frau über unser angespartes Geld voll hätte verfügen können, zumal feste Kosten ja weiterlaufen, zum Beispiel Miete oder gegebenenfalls Raten-zahlungen für gemeinsam getätigte Anschaffungen.

Gemäß Erbrecht aber wird die Hinterlassenschaft eines Verstorbenen aufgeteilt zwischen dem Ehepartner und “Verwandten der ersten Ordnung”, das sind “die Abkömmlinge des Erblassers”. Als Erbe erhielt ich die Hälfte des Sparkontos meiner Frau, während die andere Hälfte unter unseren Kindern aufgeteilt wurde.

Das Erbrecht ist kompliziert. Wie gesagt, in meinem Fall entstanden keine Probleme, zumal das Familienverhältnis intakt ist. Doch das ist ja nicht immer so - leider. Und dann können erhebliche Schwierigkeiten auftreten.

Sicherlich wird es Wunsch eines verstorbenen Ehemannes gewesen sein, dass seine Frau, die ihn vermutlich jahrelang gepflegt hatte, mit dem Geld auf seinem Konto noch einigermaßen für ihren Lebensalltag abgesichert sei. Plötzlich aber kann sie nur über die Hälfte verfügen ! Noch prekärer ist die Situation, wenn von mehreren Geschwistern nur ein Kind die Erschwernisse der Pflege für Mutter, Vater, Großeltern getragen hatte und die übrigen sich darum nicht gekümmert hatten. Damit diejenigen, die die Last der Pflege trugen, auch im Erbfall besser gestellt sind, gibt es gesetzliche Regelungen.

Ich kann das Thema Erbrecht hier nur anschneiden, zumal es in jedem Einzelfall auf die Familienverhältnisse ankommt. Doch ein Tipp an Sie erscheint mir wichtig. Wenn Sie - was wahrscheinlich ist - als Ehepartner der amtlich bestellte Betreuer des Pflegebedürftigen sind, sollten Sie sämtliche Kosten, die für ihn entstehen von seinem Konto bezahlen ! Das betrifft auch Kosten nach dem Todesfall. Dazu gehören Verbindlichkeiten, die noch vor dem Tod entstanden sind, und nach dem Tod zum Beispiel die Beerdigungskosten.

Das bei Ableben verbleibende “Endvermögen eines Ehegatten” kann gemäß Erbrecht erhebliche Probleme bereiten. Die sind geringer, je kleiner das Endvermögen ist.
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