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- Das Geld -

Ich wiederhole, was ich am Anfang hervorgehoben habe: Ein Pflegefall kostet Geld, viel Geld. Ein Pflegefall kann eine ganze Vorplanung für das Alter zunichte machen. Barmer Ersatzkasse:

Obwohl die Pflegeversicherung keine Vollversorgung darstellt, ist das Prinzip einer Grundsicherung erreicht. Der Fall ins Bodenlose ist damit abgesichert, und die Familien mit pflegebedürftigen Personen werden finanziell entlastet.

Hier wird etwas vorgegaukelt, das mit der Realität nichts gemeinsam hat. Denn Achtung ! Es gibt eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Zahlungen der Pflegekasse für häusliche Pflege und der vollstationären Pflege.

Die Zahlungen mögen in gewisser Weise noch entlasten, wenn es die häusliche Pflege betrifft. Dabei kommt es darauf an, wie hoch die regelmäßigen Alterseinkünfte sind. Bei relativ guten Renten und speziell bei Ehepaaren kann es sein, dass die Zahlungen der Pflegekasse das Mehr an finanziellen Belastungen, welche mit dem Pflegefall zusammenhängen, ausgleichen kann. In anderen Fällen - den meisten - führt es dazu, dass Angespartes aufgezehrt wird.

Mit der Anerkennung einer Pflegestufe ist eine monatliche Zahlung der Pflegekasse für den Pflegebedürftigen verbunden.

Das sind derzeit

in der Pflegestufe I 215 €, die sich bis 2012 auf 235 € erhöhen,
in der Pflegestufe II 420 € bis 440 € im Jahre 2012 und
in der Pflegestufe III 675 € bis 700 € im Jahr 2012.

 Darüber verfügen kann und muß zwangsläufig der Pflegende. Er sollte aber nicht annehmen, das sei ein Zubrot für ihn, gewissermaßen eine Vergütung für sein Engagement. Es ist auch kein Almosen für den Erkrankten. Unterschätzen Sie nicht die durch einen Pflegefall erheblich steigenden Kosten im Haushalt.

Sie sehen sich mit Ausgaben konfrontiert, die Sie bisher nicht kannten. Ich will nur einige nennen: Sie brauchen ggf. Hilfsmittel in der Wohnung, vielleicht ein elektrisch verstellbares Krankenbett, oder es werden Umbauten nötig, zum Beispiel im Bad mit Duschkabine und Haltegriffen. Für spezielle Hilfsmittel oder größere Umbauten gibt es zwar Zuschüsse, aber auch dabei sind bürokratische Hürden aufgebaut, und Sie müssen kämpfen.

Sie brauchen regelmäßig eine Haushaltshilfe, weil Sie sich um den Pflegebedürftigen kümmern müssen und für die Haushaltsführung kaum noch Zeit haben. Sie brauchen den Friseur, der ins Haus kommt, und jemand für die Hand- und Fußpflege.

Sie müssen - schon aus Zeitgründen - Lebensmittel auf Vorrat einkaufen, zum Beispiel teure Tiefkühlgerichte, oder der Arzt empfiehlt Bio-Ware. Sie benötigen einen Wäschedienst, zumal die Notwendigkeit von Wäsche und Reinigung stark anwächst, und zwar regelmäßig. Erhebliche Kosten entstehen für Medikamente; Zuzahlungen sind zu leisten für Bewegungstraining, Krankengymnastik, für Krankenfahrten zu medizinischen Behandlungen, für Krankenhausaufenthalte und für Zahnbehandlungen. Vieles kommt noch hinzu von Fall zu Fall, mitunter Geringfügiges, aber auch das geht in der Masse ins Geld. - Kann die Zahlung der Pflegekasse das Mehr an finanziellen Belastungen, die mit dem Pflegefall zusammenhängen - und wachsen (!) - ausgleichen ? Werden Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen dadurch entlastet ?

Wenn das pflegebedürftige Familienmitglied notgedrungen in ein Pflegeheim kommen muß, ereilt Sie der Schock. Dann kann von einer Entlastung nicht mehr die Rede sein. Im Gegenteil. Hatten Sie bisher für die häusliche Pflege das Geld als Zuschuß und Hilfszahlung bekommen, so ist es jetzt genau umgekehrt: Sie müssen zahlen !

Ein Pflegebedürftiger im Heim ist eine erhebliche finanzielle Belastung. Die Pflegeversicherung sei keine Vollversicherung, wurde Ihnen gesagt. Ja, das ist sie beileibe nicht. Die Mehrkosten der Pflege, die Sie bisher durch die Zahlungen der Pflegekasse für den häuslichen Bereich abmildern konnten, gehen jetzt zu Ihren Lasten. Sie summieren sich und kommen hinzu zum hohen Anteil an den Heimkosten, die Sie entrichten müssen.

Im Sozialgesetzbuch XI (§ 43 Abs. 2) heißt es in Bezug auf vollstationäre Pflege: Insgesamt darf der von der Pflegekasse zu übernehmende Betrag 75 vom Hundert des Gesamtbetrages aus Pflegesatz, Entgelt für Unterkunft und Verpflegung und gesondert berechenbaren Investitionskosten ... nicht übersteigen.

Schön wäre es, wenn es so wäre. Dann ließe sich die Behauptung der Barmer Ersatzkasse "Der Fall ins Bodenlose ist damit abgesichert, und die Familien mit pflegebedürftigen Personen werden finanziell entlastet", verstehen.

Doch es handelt sich bei den 75% um eine Mogelpackung. Der Prozentsatz taucht zwar auch in der Bewilligung der Pflegekasse auf, aber dort steht zu lesen (hier in Bezug auf Pflegestufe II): Höhe der monatlichen Leistung 75 % des Heimentgelts, jedoch höchstens 1.279,00 €.

Auch dies steht so im Sozialgesetz-buch XI (§ 43 Abs. 2): Die Pflegekasse übernimmt die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der medizinischen Behandlungspflege und der sozialen Betreuung pauschal für Pflegebedürftige der Pflegestufe II in Höhe von 1279 €.

Das sind statt 75 % real nur etwa 40 % je nach Heimentgelt. Mit 60 %, und in vielen Fällen noch mehr, werden die Familien - aber meist sind es Einzelpersonen - finanziell belastet.

Ich will dies an einem Beispiel darlegen und stelle Ihnen die Kosten der Unterbringung eines Pflegebedürftigen in einem soliden Heim einer mittleren Großstadt vor. (Preislisten erhalten Sie in jedem Heim.)

Ich vereinfache hier, um Ihnen die Übersicht zu erleichtern, und beziehe mich auf Pflegestufe II und Unterbringung in einem Doppelzimmer. So setze ich 100 € Heimentgelt pro Tag an, eine Summe, die im Mittelfeld ziemlich genau den Realitäten entspricht.

Daraus ergeben sich 3.000 € bei einem Monat mit 30 Tagen und 3.100 € bei einem Monat mit 31 Tagen. Die Pflegeversicherung leistet einen Zuschuß von 1.279 € pro Monat. Somit ergeben sich für Sie monatliche Kosten in Höhe von 1.721 € für 30 Tage und 1.821 € für 31 Tage. Bei Pflegestufe I und Doppelzimmer können es ca. 260 € weniger, bei Pflegestufe III ca. 245 € mehr sein. Hier sei angemerkt, dass zum Beispiel Einzelzimmer nicht wesentlich teurer sind, je nach Größe allgemein 1 bis 2 € pro Tag. Wie gesagt, dies ist nur beispielhaft eine grobe Darstellung, die Kosten können regional sehr unterschiedlich sein.

In den Kosten sind Verpflegung, Bettwäsche, Handtücher sowie das Waschen der Bekleidung enthalten, sofern diese waschbar ist. Alles weitere geht zu Ihren Lasten. Sie haben Sorge zu tragen beispielsweise für die Kleidung. Oberbekleidung und Schuhe für den Pflegebedürftigen werden Sie vermutlich in genügender Auswahl haben. Für Unterbekleidung empfiehlt das Pflegeheim jedoch “ausreichende Anzahl” an Unterwäsche, Nachthemden oder Schlafanzügen sowie dergleichen mehr. Dies allein schon deshalb, weil durch Inkontinenz häufig gewechselt werden muß und der Rücklauf aus der Wäscherei längere Zeit dauern kann.

Sie benötigen Körperpflegeartikel, je nach Gewohnheit Ihres Angehörigen, und sollen für einen vielleicht plötzlich erforderlich werdenden Krankenhausaufenthalt eine Tasche mit “je 4 Hand-tüchern und Waschlappen, 2 Nachthemden oder Schlafanzüge” zur Verfügung halten. Das gehört zu dem “Geringfügigen”, das ich erwähnte. Weitaus mehr geht ins Geld, dass Sie viele Kleidungsstücke in die Reinigung geben müssen, öfter als gewohnt.

Notwendig für die Pflegebedürftigen sind aber auch die Inanspruchnahme eines Friseurs, schon um dem oder der Kranken das Gefühl der Gepflegtheit zu geben, dazu kommt noch die Nagelpflege, Maniküre, Pediküre. Krankengymnastik und Bewegungstherapie können zwar in beschränktem Maße vom Hausarzt verschrieben werden, aber es entstehen Zuzahlungen wie auch bei allen Medikamenten sowie für notwendig werdende Krankentransporte zu Behandlungen und für Krankenhausaufenthalte. Schließlich - nicht zu vergessen - vierteljährlich die Praxisgebühren. Alles summiert sich sehr unangenehm.

Das erwähnte “Geringfügige” zeigt sich auch an unvermuteter Stelle. Dazu will ich Sie auf etwas aufmerksam machen, was meist keine Beachtung findet, aber gehörig ins Geld gehen kann. Krankenhäuser und mitunter auch Pflegeheime haben Parkplätze oder Parkhäuser. Beim Heim meiner Frau konnte ich frei parken. Doch neulich wurde ich mit dieser Problematik konfrontiert. Ich hatte einen Termin bei einer Fachärztin in einem Krankenhaus und fuhr mit dem Auto ins Parkhaus. Trotz einer Terminvereinbarung mußte ich 1 1/2 Stunden warten, bis die Untersuchung erfolgte. Parkgebühr: 4.60 €.

Hier ist ebenfalls beim Gesundheitswesen etwas im argen. Wenn Sie regelmäßig einen Kranken im Krankenhaus oder einen Angehörigen im Pflegeheim besuchen, um ihm die persönliche Anteilnahme zukommen zu lassen, die so dringend nötig ist, und wenn Sie dazu - schon aus zeitlichen Gründen - mit dem Auto anfahren, werden Sie abgezockt.
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Das kann im Monat viel Geld kosten, besonders wenn Sie Ihren Angehörigen oft, vielleicht sogar täglich besuchen. Die Parkgebühren für Krankenbesuche sind niederträchtig. Man bemüht sich gar nicht um ein System, wie es einige Kaufhäuser praktizieren, die bei einem Einkauf (hier: Kranken- oder Arztbesuch) kostenloses Parken oder ermäßigte Gebühren gewähren. Aber so sieht die soziale Rücksichtnahme gegenüber Kranken und Pflegebedürftigen in unserem Staat aus !

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Ein Hinweis zu den Heimkosten erscheint mir notwendig. Einen erheblichen Anteil daran haben die sogenannten “Investitionsaufwendungen” und eine “Ausbildungsvergütung”. Beide können sich bei den erwähnten Beispielen auf 400 € und mehr pro Monat summieren. Auch diese Kostenbelastung der Pflegebedürftigen ermöglicht das Sozialgesetzbuch XI, und zwar in den Paragraphen 82 und 82 a. Ich gebe verkürzt § 82 Abs. 3 wieder: Soweit betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen ... durch öffentliche Förderung ... nicht vollständig gedeckt sind, kann die Pflegeeinrichtung
diesen Teil der Aufwendungen den Pflegebedürftigen gesondert berechnen.

“Öffentliche Förderung” wäre öffentliche Pflicht ! Wohl kaum findet sie statt, schon gar nicht “vollständig”. Also muß der ohnehin schon belastete Pflege-bedürftige zahlen. Hinzu kommt die “Ausbildungsvergütung”, denn gemäß § 82 a ist diese in der Vergütung der allgemeinen Pflegeleistungen ... berücksichtigungsfähig. Während jeder Betrieb die Ausbildung seiner Lehrlinge aus seinem Handel bezahlt, werden hier die Pflegebedürftigen zur Kasse nicht einmal gebeten, sondern zwangsverpflichtet. Statt Fürsorge regiert das Verursacherprinzip. Immer voll auf die Schwachen !
 
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Wieder erhalte ich eine Zusammenfassung in Sachen Pflegefälle: “Wo man praktische Hilfe findet und wie man sie finanziert”. Informativ ist all das, was die praktische Hilfe betrifft. Bezüglich der Finanzierung gibt es nur unvollständige Angaben, meist heißt es, es gäbe Zuschüsse. In den seitenlangen Auskünften findet sich nur einmal der Satz, der für alle, die sich schlau machen wollen, der wichtigste ist: Einen Großteil der anfallenden Kosten muß aus eigener Tasche bezahlt werden. (Grammatikfehler wurde im Zitat übernommen / Mitteilungsblatt “Hilfe für Ältere”, WK, März 2009).

In den allermeisten Fällen werden die monatlichen Einkünfte des Pflegebedürftigen und seiner Angehörigen nicht ausreichen, um die monatlichen Ausgaben für die Pflegeheimunterbringung und die entstehenden Zusatzkosten bewältigen zu können. Es wird notwendig, auf das Ersparte zurückzugreifen. Und das vermindert sich schneller, als man glaubt. Der Fall ins Bodenlose ist eher vorprogrammiert als abgesichert ! Er beginnt mit dem Heimaufenthalt. Je nach finanzieller Situation des Pflegebedürftigen (z.B. Rente) und der pflegenden Angehörigen kann der Niedergang schnell gehen oder sich eine Zeitlang hinziehen. Aber er kommt.

“Spare in der Zeit, dann hast du in der Not”, diesen Weisheitsspruch hatte man früher von den Altvorderen gelernt. Heute kann es vorkommen, dass zwei Pflegebedürftige in einem Heimzimmer zusammen wohnen, von denen der eine nichts gespart hat und voll von der Sozialhilfe bezahlt wird, während der andere für das Alter vorgesorgt hatte, nun aber erfahren muß, dass seine Ersparnisse komplett für die Pflege draufgehen. Das mag als ungerecht empfunden werden, jedoch kann dem Habenichts die notwendige Hilfe nicht versagt bleiben, zumal er nicht einmal in Saus und Braus gelebt haben muß. Er kann unverschuldet oder durch Krankheiten in Schieflage geraten sein, die ihm ein Sparen nicht ermöglichten. Pflegebedürftige sind Menschen, die durch Schicksalsschläge vom normalen Leben ausgegrenzt werden. Sie brauchen Hilfe und Unterstützung durch die Solidargemeinschaft.

Anders ist es allerdings, wenn noch ein gesunder Lebenspartner existiert. Es darf nicht dazu kommen, dass alles, was für ihn noch Lebensqualität bedeutet, vom Staat für den Pflegeaufwand gefordert wird. Hier müssen Grenzen gesetzt sein. Die gibt es zwar, aber sie sind zu niedrig. Wenn zum Beispiel wegen des Pflegefalls ein gemeinsam erworbenes Haus verkauft werden muß, was bleibt dem Partner davon ? Ich will dieses Thema hier nur anschneiden und darauf aufmerksam machen, weil ich von der Frau eines verstorbenen Schulkameraden weiß, der 12 Jahre lang ein Pflegefall war, dass sie in Armut lebt, obwohl sie mal ein Eigenheim besaßen.

Ich lese, es gäbe einen “Vermögensfreibetrag”, der betrage für Menschen, die bis zum 1. Januar 1948 geboren sind, 520 €, für jüngere 150 € je Lebensjahr des Antragstellers und seines Partners. (VdK-Zeitung, Februar 2009).

Abgesehen von der Frage, warum es für Jüngere so erheblich weniger sein soll, heißt es auch in diesem Fall, sich mit Tücken auseinander zu setzen.

Denn Achtung ! Wenn das Sozialamt in einem Pflegefall für Zahlungen eintreten muß, ergeben sich Schwierigkeiten und tut sich ein Kampfplatz auf. Reichen die regelmäßigen Einkünfte des Pflegebedürftigen nicht aus, um die Heimkosten in voller Höhe zu bezahlen, dann wird zunächst sein ganzes Vermögen in Anspruch genommen. Gut ist es hierbei für Eheleute, wenn Gütertrennung besteht. Aber trotzdem: Ehepartner, Eltern, Kinder sind “unterhaltspflichtig”. Dazu gibt es komplizierte Berechnungsmethoden, doch sind stets - so heißt es - die individuellen Verhältnisse zu berücksichtigen.

Ich habe mir eine gutgemeinte Informationsbroschüre der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz “Teures Heim - was tun, wenn das Geld nicht reicht ?” zur Situation über Hilfe zur Pflege durch die Sozialämter durchgelesen - und nicht verstanden !

Und wer im Pflegeheim auf Kosten des Sozialamts lebt, ist auch benachteiligt. Er erhält in der Regel pro Monat 95 € “Taschengeld”. Damit hat er alle Ausgaben zu bezahlen, die zur persönlichen Lebensführung gehören, zum Beispiel Friseur, Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, Pflegemittel und Kosmetika, Maniküre, Pediküre und - was sehr ins Geld geht - Praxisgebühren sowie Zahlungen für Medikamente oder Zuzahlungen für Arznei- oder Hilfsmittel. Was bleibt für ein bisschen Lebensfreude ? Für ein Gläschen Wein, ein Stück Torte, eine Eiswaffel an heißen Sommertagen ? Und wenn es mal eine Rentenerhöhung gibt, davon haben die vom Sozialamt “betreuten” nichts, die Rentenerhöhung wird verrechnet.


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Am 27. Januar 2009 verkündete das Bundessozialgericht ein bemerkenswertes Urteil für Kinder von Hartz IV-Empfängern. Eine Begrenzung des Hartz IV-Satzes für Kinder auf 60 % der Grundleistung für Erwachsene (Sozialgeld) sei grundgesetzwidrig entschieden die Richter. Die Begründung: Es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn der Staat willkürlich eine Pauschale festlegt, dass ein Kind 40 % weniger als Unterhalt brauche als ein Erwachsener.

Bemängelt wurde, dass keine exakte Bedarfsprüfung für den geringeren Betrag erfolgt sei. Nur eine grundsätzlich andere Bewertung und Förderung könne das Missverhältnis ausgleichen.

In diesem Urteil ging es um Kinder von Arbeitslosen. Das gleiche trifft aber im Prinzip auf die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit zu ! Allein schon die Pauschalierung des Hilfebedarfs in Minuten pro Tag ist willkürlich und nicht etwa eine “exakte Bedarfsprüfung”. Noch weniger ist das der Fall, wenn der Gesetzgeber festlegt (hier im geschilderten Beispiel der Pflegestufe II):

Höhe der monatlichen Leistung ... des Heimentgelts höchstens 1.279.00 €.

Auch dies ist eine Pauschale, und sie lässt ganz bewusst die “exakte Bedarfsprüfung” außer acht. Ebenso wenig exakt und detailliert ist es, wenn es heißt (SGB XI §43 Abs. 2): Die Pflegekasse übernimmt die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der medizinischen Behandlungspflege und der sozialen Betreuung. Alles Wischi-Waschi, auslegungsbedürftig und im Streitfall erfahrungsgemäß nachteilig beurteilt für den Pflegebedürftigen.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die “Aufwendungen der medizinischen Behandlungspflege” ins Heimentgelt einbezogen sind, die ein Pflegeheim von seiner Organisation her gar nicht zu leisten vermag - es ist kein Krankenhaus ! Diese Kosten wären richtigerweise nach wie vor von der Krankenkasse zu tragen. Doch Gesetze sind nicht immer logisch, was sich meist zu Ungunsten der Betroffenen auswirkt.

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Auch ein Heimbewohner braucht Sicherheit in der Lebensplanung. Noch wichtiger brauchen Sie es, wenn Sie einen Pflegebedürftigen zu betreuen haben. In erster Linie gehört dazu die Gewissheit, dass der Kranke gut untergebracht und versorgt ist. Aber Sie benötigen auch die Verlässlichkeit der Kosten, die Sie zu tragen haben. Das ist ein wichtiger Teil Ihrer eigenen Lebensplanung. Doch Sicherheit ist dabei nicht gegeben.

Sie machen Ihren Plan und Ihre Kostenaufstellung, wie Sie monatlich Heimentgelt und Zusatzausgaben meistern können. Da kann es Ihnen geschehen, dass Sie unerwartet von einer Heimentgelterhöhung überrascht werden.

Es heißt nämlich im Heimvertrag: Der Träger ist berechtigt, das Heimentgelt durch einseitige Erklärung zu erhöhen, wenn sich die bisherige Berechnungsgrundlage verändert und sowohl die Erhöhung als auch das erhöhte Entgelt angemessen sind. (Heimgesetz § 7).

Die Pflegekasse berücksichtigt die Erhöhung natürlich nicht, die hat ihren Pauschbetrag. Der “Bewohner” kann zwar kündigen bei einer Erhöhung des Heimentgelts, aber Sie als Betreuer geraten in eine schwierige Entscheidungssituation, in der Ihnen im Grunde nichts anderes übrig bleibt, als die Erhöhung zähneknirschend zu akzeptieren. Denn Sie haben nur 4 Wochen Zeit für Ihr Nachdenken darüber, was Sie machen wollen.

4 Wochen vor dem Zeitpunkt, an dem die Kostenerhöhung wirksam wird, sind für “den Träger” ausreichend, diese schriftlich geltend zu machen. In jedem normalen Mietverhältnis haben die Betroffenen wesentlich mehr Zeit zum disponieren. Da haben Sie Ihren pflegebedürftigen Angehörigen mit Mühe untergebracht, er ist eingewöhnt und einigermaßen zufrieden und Sie auch,

Sie haben die finanzielle Belastung im Griff und haben eine gewisse Planungs-sicherheit erlangt, dann müssen Sie den Schreckschuß verkraften, dass die Angelegenheit in kürzester Frist wieder neue Belastung bringt. Sehr viel Rücksicht wird auf Sie als Kostenträger nicht genommen.

Ich finde in der Tageszeitung (WK, 6. August 2009) einen Bericht, den ich aufgreifen und Ihrer Aufmerksamkeit empfehlen will, denn ich möchte Ihnen ja auch Hinweise geben.

Für einen pflegebedürftigen Heimbewohner wurde ein Antrag gestellt auf Erhöhung der Pflegestufe II auf III.

Antragsteller ist in jedem Fall der Versicherungsnehmer, also der Erkrankte selbst. Ist er dazu nicht mehr in der Lage, dann erledigen dies die offiziellen Betreuer, in der Regel Familienangehörige. Hier aber stellte der “Pflegedienstleiter” eines Heims den Antrag, denn dadurch hätte sich die Vergütung für das Heim erhöht. Der Pflegebedürftige wurde “untersucht” von einer Gutachterin des MDK, die die Argumente des Pflegeheims voll übernahm: “Verdacht auf mehrere kleine Schlaganfälle in letzter Zeit”.

Sowohl die Pflegekasse, als auch der MDK ignorierten, dass die Antragstellung nicht vorschriftsmäßig vorgenommen worden war. Die Betreuer des Pflegebedürftigen waren von der Antragstellung nicht informiert worden; sie erhielten plötzlich und unerwartet die Nachricht von der Höherstufung ihres pflegebedürftigen Angehörigen.

Sie protestierten. Mit Erfolg. Die Höherstufung wurde zurückgenommen. - Weshalb ich das schildere ? Bei der Pflegestufe III im Heim wären die Angehörigen mit 373,20 Euro mehr pro Monat belastet worden. Im Kommentar der Zeitung heißt es, die Krankenkasse, die den Fehler eingeräumt habe, nennt ein solch mangelhaftes Verfahren “ein Phänomen, das nicht unbekannt ist”. Das weckt natürlich den Verdacht, dass das System haben könnte.

Quintessenz: Sie müssen nicht nur kämpfen, Sie müssen auch aufpassen.  

Spekulanten sind ständig auf der Suche, um Bereiche zu finden, in denen sie möglichst hohe Gewinne machen können. Zur Zeit scheinen sie die Pflegebedürftigkeit der Menschen entdeckt zu haben. Denn wenn die Menschen immer älter werden, nehmen auch diejenigen zu, die im Alter krank und siech sind. Also muß ein Bedarf bestehen an Pflegeheimen.

Dass es bei solchen Überlegungen weniger um Sorgeeinrichtungen für Pflegebedürftige geht, sondern um Gewinnerzielung ist ebenso klar wie hinterhältig. Einerseits wird an allen nur möglichen Ecken und Enden in Versorgung und Betreuung der Pflegebedürftigen gespart sowie das Pflegepersonal schlecht bezahlt und überfordert werden, andererseits sind die Pflegebedürftigen und ihre persönlichen Betreuer mit erheblichen Summen belastet.

Es zeigt sich bereits in einigen regionalen Bereichen, dass die Spekulanten die Gewinnerwartung überschätzt haben. Es gibt schon einen Überhang an Pflegeheimen und angebotenen Heimplätzen. Der Denkfehler liegt natürlich in den finanziellen Belastungen, die für die Pflegefälle auftreten. Viele privat geführte Häuser versprechen fürsorgliche Pflege und Betreuung, doch ihre Preise können sich nur Betuchte leisten. Die Sozialämter bezahlen dies nicht; sie haben ihre festen Sätze, und die Pflegekassen haben ihre Pauschalen. Die hohen Kosten müssen die Betroffenen privat selbst aufbringen. Sie geraten dabei in Probleme und in die Gefahr, selbst zu Sozialfällen zu werden, besonders wenn auch sie erkranken. Das Gebiet der Alten- und Behindertenpflege ist kein Feld für Raffgierige.

Unsere Politiker müssen wissen, dass gerade dieses Gebiet sich nicht für die von ihnen so gern gesehene Privatisierung eignet. Nachteilig betroffen bei Insolvenzen sind pflegebedürftige Menschen, die ein festes Heim und gesicherte Versorgung haben wollten, und auch Angestellte, die hofften ein Einkommen zu haben.

Ich lese in einer Pressemitteilung, dass eine Seniorenresidenz das “Qualitätssiegel für Pflegeheime” eines “unabhängigen Instituts für Qualitätskennzeichnung von sozialen Dienstleistungen” erhalten habe. Untersucht und bewertet wurden die Bereiche Pflege, Hauswirtschaft, soziale Fürsorge, Gebäude und Organisation. Es ging um Privatsphäre, Individualität und Selbstbestimmung der Heimbewohner, ebenso wie Mitarbeiterkompetenz, Hygiene und Sicherheit. (WK, 13. Januar 2009). Bemerkenswert: Es ging nicht um medizinische Betreuung !

Es ist gut, dass hier mal bezeichnet ist, welche Qualitätsmerkmale es geben muß, wie weit sie notwendig sind und eingehalten werden. Es erhebt sich allerdings die Frage, warum das Qualitätssiegel nur für eine “Seniorenresidenz” verliehen wurde und nicht auch für zahlreiche weitere von Residenzen und Pflegeheimen, wie es hätte sein müssen. Die erwähnte Seniorenresidenz kann sich nun schon - gem. Zeitungsbericht - zum dritten Mal mit der Auszeichnung schmücken. Gehe ich fehl in der Annahme, dass derartige Prüfungen zur Erteilung eines Qualitätssiegels einer größeren Honorierung bedürfen ?

Natürlich gibt es etliche Heime mit hohen Qualitätsstandards, auch davon konnte ich bei meinen Recherchen erfahren. Aber naturgemäß ist das Preisniveau dafür sehr hoch, und es bedarf der privaten Zahlung.

Aufgeschreckt durch Veröffentlichungen und Berichte über menschenunwürdige Verhältnisse in schlechten Pflegeheimen ist nun offenbar eine Prüfmanie entstanden. Staatliche Kontrollen gibt es auf der Basis von Heimgesetzen - ausgeführt vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) -, dazu Initiativen, die von den Heimen selbst durchgeführt werden durch Umfragen bei den Bewohnern und ihren Angehörigen und ferner private Initiativen, die Begutachtungen von Pflegeheimen im Internet veröffentlichen, wobei allerdings angemerkt wird, dass keine Bewertung der Pflegequalität stattfindet.

Wenn all das wenigstens dazu führen würde, dass das Pflegepersonal effektiver und fürsorglicher arbeiten könnte ! Gute Heime werden immer bemüht sein, Qualität zu bieten, doch die Realitäten setzen mitunter Grenzen. Auch für Heime gibt es einen Pflegealltag, und wo der eine Betreute zufrieden ist, gibt es einen anderen, der tadelt.

Auf dem Gebiet der Pflegeversorgung muß sich nun wirklich der Staat im Interesse seiner Bürger engagieren, und dafür sorgen, dass es schlechte Heime nicht gibt und dass die wichtige medizinische Betreuung gewissenhaft durch-geführt wird - in dieser Hinsicht wird kaum geprüft. Der Staat kann die Aufgabe der Beurteilung nicht “unabhängigen Instituten für Qualitätskennzeichnung von sozialen Dienstleistungen” überlassen und schon gar nicht dem “Medizinischen Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen”, der auch nur ein “Eingetragener Verein” einer Interessengemeinschaft ist.

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