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- Externe Gutachter auf Honorarbasis -

Und in diesem Zusammenhang gewinnt eine andere Information an Bedeutung: Der MDK beschäftigt auch externe Gutachter, die auf Honorarbasis arbeiten. Dies nur bei “Antragsstau”, wie angemerkt wird ? Diese Anmerkung ist kaum glaubwürdig - denn . . . .

Kein Unternehmen tätigt Festanstellungen mit all den damit verbundenen Fixkosten, wenn es sich preiswerter "Freier Mitarbeiter" bedienen kann.

Externe Gutachter auf Honorarbasis dürften die Regel sein beim MDK. Das hat Folgen für die Antragsteller. Und eine Idealisierung der Gutachtertätigkeit ist damit perdu.

Muß schon ein Angestellter im Interesse seines Arbeitgebers tätig sein
, so kommen bei einem freien Mitarbeiter, der davon lebt, dass er möglichst kontinuierlich beschäftigt wird, handfeste Existenzfragen mit ins Spiel. Er muß stets und ständig darum bemüht sein, den Auftraggeber zufrieden zu stellen.
Das heißt in diesem Falle, der Pflegekasse über das beauftragte Unternehmen MDK Kosten zu ersparen. Je zufriedener der Auftraggeber mit ihm ist, umso eher wird er wiederbeschäftigt.

Auch Ärzte werden unter Umständen für die Gutachtertätigkeit eingesetzt, wird erklärt, natürlich ebenso auf Honorarbasis. Unter der Kategorie Arzt kann es sich um die unterschiedlichsten Mediziner handeln. So kann es vorkommen, dass ein Hautarzt Gehbehinderungen beurteilen muß, ein Chirurg Demenzerkrankungen, ein Hals-, Nasen-, Ohren-Arzt Inkontinenz.

Der Insider meint zwar, das spiele im Ergebnis keine Rolle, denn auch ein Professor Sauerbruch müsste sich ebenso an die Richtlinien und Gesetze halten wie eine Schwester Maria. Soso. Also "das Medizinische" ist gar nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Ohnehin ist es gerade im Gesundheitswesen um berufliche Befähigung nicht zum besten bestellt. Das zeigt zum Beispiel eine Diskussion um Schönheitsoperationen.

In einem Zeitungsbericht macht ein Facharzt für plastische Operationen, Dr. Dietmar Scholz, darauf aufmerksam, dass “Schönheitschirurg” keine geschützte Berufsbezeichnung sei. Um eine Vespa zu fahren, braucht jeder einen Führerschein. Eine Schönheitsoperation darf aber jeder Arzt machen. (WK, 28. April 2008).
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Ich stelle mal die Frage . . .

- und die ist nicht einmal ketzerisch -, was ist beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen eigentlich medizinisch bei den Beurteilungen zur Pflegebedürftigkeit ?

Die eingereichten Befunde der Ärzte, Krankenhäuser, Kliniken sind das, aber nicht die Beurteilungen der Gutachter des MDK. Bei der medizinischen Frage, ob ein Erkrankter pflegebedürftig ist, wird von den Spitzenverbänden der Pflegekassen sogar der gesetzliche Text ignoriert.

Es heißt im Sozialgesetzbuch XI (§ 18 Abs. 1) unter anderem: Im Rahmen dieser Prüfungen hat der Medizinische Dienst durch eine Untersuchung des Antragstellers die Einschränkungen bei den Verrichtungen ... festzustellen sowie Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der Hilfebedürftigkeit zu ermitteln. Ausdrücklich ist von Untersuchung die Rede ! In den Richtlinien des Medizinischen Dienstes wird hingegen immer nur das Wort “Gutachten” verwendet.

Letztlich spielt die medizinische Situation keine Rolle bei dem, was bei der Begutachtung als sogenannte “Grundpflege” für die notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens “festgestellt” wird. Den Erfahrungen nach verursachen gerade in diesem Bereich einige laut Gutachter fehlende Minuten die Ablehnungen.

Der Autor mit Insiderwissen (Er war als Gutachter des Medizinischen Dienstes tätig, informiert das Buch), scheint erkannt zu haben, dass da etwas nicht stimmt. Er bemüht sich umzudeuten.

Mit Untersuchung sei keine wirkliche Untersuchung im medizinischen Sinne gemeint.

Die Begutachtung soll nicht in Konkurrenz zu der ärztlichen Untersuchung des Hausarztes treten. Was heißt “Konkurrenz” ? Und warum heißt es im Gesetz “Untersuchung”, wenn eine solche gar nicht gemeint ist ? Während sonst alles in Sachen Pflegeversicherung kleinkariert ausgelegt wird, dann hat auch das Wort “Untersuchung” seine Bedeutung !

Dem Insider ist durchaus bewusst, dass der Gutachter die Machtperson ist gegenüber der die Betroffenen die schlechteren Karten haben. So wiegelt er ab. Der Gutachter sei ja nur der Prüfer, der im Sinne seiner Beauftragung tätig werde. Seine Empfehlung beziehungsweise das Ergebnis seiner Prüfung habe ja juristisch noch keine Bewandtnis, Herr des Verfahrens sei die Pflegekasse.

Nun, die - beziehungsweise deren Sachbearbeiter - ist natürlich froh, wenn er eine “geprüfte” Vorlage bekommt, nach der er entscheiden kann. Wozu sonst der ganze Aufwand des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen ?

Weder der Gutachter des MDK, noch der Sachbearbeiter der Pflegeversicherung will Auge in Auge mit dem Versicherten die Verantwortung eingestehen, wird hervorgehoben.

Aber juristisch ist alles in Ordnung ?

In Bezug auf den von mir vertretenen Fall will ich ergänzen, dass der Gutachter für Pflegestufe I plädiert hatte. Damit war ich wegen der Schwere der Erkrankung nicht einverstanden und erhob Widerspruch. Das zweite Gutachten führte dann zur Anerkennung der Pflegestufe II. Darauf komme ich noch zurück, weil es gegenüber dem ersten Gutachten andere Aspekte aufwies.

Was folgt für Sie an Handlungsbedarf unter Berücksichtigung dessen, was ich ausgeführt habe ? Zunächst einmal: Den Antrag bei der Pflegeversicherung möglichst frühzeitig stellen und zugleich, um eine weitere Beurteilung zu haben, ggf. Anerkennung von Schwerbehinderung beantragen. Zweitens:

Von allen beteiligten Ärzten (Hausärzte, Fachärzte, Psychotherapeuten) sich schriftliche Befunde ausstellen zu lassen und Krankenhausberichte herauszusuchen. Alles mit dem Antrag einreichen.

Das hat zwar zur Folge, dass der Gutachter sich vorbereiten und, falls er die Tendenz zur Ablehnung hat, sich schon Argumente zurechtlegen kann. Für Sie hat es aber den Vorteil, dass Sie bei einem Widerspruch sehr gute Begründungen ins Feld führen können. Vor allem medizinische.

Nach aller Erfahrung müssen Sie zunächst mit einer Ablehnung rechnen. Seien Sie nicht so optimistisch, auf positive Entscheidung Ihres Anliegens zu hoffen. In der Regel wird es an einigen Minuten in Punkto “Grundpflege” für den Versicherten fehlen. Stellen Sie sich von vornherein darauf ein, dass Sie Widerspruch einlegen müssen.
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Ein Widerspruch hat Chancen auf Erfolg.

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